Headway B2B: Meeting mit Laptop

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Wenn Firmen ausschließlich mit anderen Firmen Geschäftsbeziehungen eingehen, verfolgen sie einen sogenannten B2B-Ansatz, so erklärt es die Gründerplattform. B2B ist die Abkürzung für Business-to-Business und lässt sich mit „von Firma zu Firma“ übersetzen. Hier werden Leistungen und Produkte also von einem Unternehmen an ein anderes verkauft. Man könnte nun denken, dass im Business-to-Consumer-Bereich (B2C) die meisten Neuerungen zum Einsatz kommen – der Sektor, bei dem sich Unternehmen mit ihrem Angebot an private Endverbrauchende wenden. Denn Nutzerinnen und Nutzer springen stets auf die neusten Technologien an, seien es Konsumenten-Produkte, Dienstleistungen oder auch neue Online-Plattformen. Mindestens ebenso aktuell, wenn nicht noch innovativer, gestaltet sich der Business-to-Business-Sektor (B2B). Etwa wenn es um eine ressourcenschonende Produktion oder den klimaschonenden Transport von Gütern, um Lieferkettentransparenz oder digitale Zahlungssysteme geht. Dass das nicht immer bekannt ist, liegt vielleicht auch an der Kommunikation von B2B-Unternehmen, die sich in dieser Hinsicht noch einiges vom Business-to-Consumer-Sektor (B2B) abschauen können.

B2B-Marketing und -Kommunikation sind zukunftsentscheidend

„Auch im B2B kaufen Menschen von Menschen, deren Mediengewohnheiten und Nutzerverhalten sich rasant ändern. Mit Blick auf den globalen Wettbewerb und den hart umkämpften Arbeitsmarkt wird klar: Es reicht schon lange nicht mehr, die besten Produkte anzubieten, auch die Marketing-Kommunikation muss Partnerinnen und Partner, Kundinnen und Kundinnen und Mitarbeitende erreichen und begeistern,“ sagt Tanja Auernhamer, Leitung Verbandskommunikation und Pressesprecherin beim Bundesverband Industrie Kommunikation e.V. (bvik). Sie resümiert: „B2B-Marketing und -Kommunikation sehr professionell wie erfolgreich zu betreiben ist für Industrieunternehmen heute zukunftsentscheidend.“ Das gilt natürlich erst Recht auch für Start-ups, die sich in der digitalen Welt behaupten und nicht nur in den sozialen Kanälen eine Reputation aufbauen müssen.

Glaubwürdigkeit als Herausforderung

Das Marktpotenzial für B2B-Start-ups ist vorhanden. Allein im der B2B-E-Commerce-Bereich dauert ein rasantes Wachstum international an, so ein aktueller Report des Marktforschungsunternehmens yStats.com: Beschleunigt durch die Coronavirus-Pandemie sind bereits die Hälfte der B2B-Käufer von traditionellen Kaufkanälen auf online umgestiegen. Doch trotz guter Kommunikation ist es nicht immer leicht, an die Kunden aus der Industrie heranzutreten – und ernstgenommen zu werden. Catharina van Delden, Co-Founderin der innosabi GmbH, erinnert sich: „Als B2B-Unternehmen war sicher auch der Aspekt der Glaubwürdigkeit eine Herausforderung. Wir sind ja, etwas überspitzt formuliert, direkt aus der Uni zu den größten Unternehmen in Deutschland gefahren und haben unser Produkt und unsere Dienstleistungen gepitcht. Daher hatte es immer Priorität, einen einwandfreien Track-Record mit namhaften Kunden aufzubauen, um so eine gute Referenzliste – und damit Glaubwürdigkeit – vorweisen zu können. Sobald wir diese hatten, sind die Kunden von selbst auf uns zu gekommen.” Die Kollaborations-Software von innosabi ist prädestiniert für den B2B-Sektor. Damit können sowohl firmeninterne als auch externe Expertinnen und Experten an einer Produktentwicklung beteiligt werden, um gemeinsam agile Innovationsprozesse zu kreieren. Angelegt als Software-as-a-Service (SaaS), hilft die Software etwa dabei, Marktentwicklungen frühzeitig zu erkennen, Feedback und Verbesserungsvorschläge mit Kunden zu diskutieren, Prototypen zu testen und neue Ideen mit den Mitarbeitenden zu generieren. „Auf dem Weg dahin wurden wir nicht immer ernst genommen oder mussten zunächst viel Überzeugungsarbeit leisten, um größere Aufträge zu bekommen,“ resümiert Catharina van Delden.

Netzwerken gehört zum guten B2B-Ton

Auch das Netzwerken ist wie die richtigen Referenzen ein wichtiger Bestandteil der Kommunikation im B2B-Bereich. „Wir hatten bereits im Vorfeld der Gründung Kontakte zu den Forschungs- und Entwicklungszentren der großen Lebensmittel- und Konsumgüterproduzenten,“ sagt Marcus Stein, Co-Gründer und kaufmännischer Geschäftsführer bei der watttron GmbH. Das Start-up hat zwei innovative Heiztechnologien entwickelt, die zum einen Oberflächen für eine effizientere Thermoverformung erwärmt und zum anderen spezielle Siegel- und Schweißprozesse ermöglicht, um komplexe Verpackungen umzusetzen. Treibende Kraft hinter der Entwicklung ihrer Produkte ist der Wunsch, die Verpackungsindustrie sowohl effizienter als auch energie- und ressourcensparender zu gestalten. „Die großen Produzenten waren sich – anders als die Maschinenbauer – bereits frühzeitig darüber im Klaren, dass die neuen Anforderungen an die Verpackungsindustrie neuer Technologien bedürfen. Mit den Unternehmen konnten wir in Pilotanwendungen den Nutzen nachweisen und Referenzen aufbauen,“ erinnert sich Marcus Stein. Nicht zuletzt half auch die Förderung durch den EXIST-Forschungstransfer, Tür und Tor bei den großen Industriekunden zu öffnen: „Vom Markenzeichen EXIST gefördert zu werden, half uns bei der Kontaktanbahnung zu Kunden und potenziellen Geldgebern. Für uns als Hardware-Start-up war das sehr hilfreich. Wir bewegen uns mit unserem Produkt in einem konservativen Marktumfeld,“ sagt Marcus Stein. Ein guter Name wie EXIST erleichtert die Kontaktaufnahme und das Netzwerken mit potenziellen Partnerinnen und Partnern aus der Industrie ungemein.

Digitale Transformation bei B2B

Neben einer gelungenen Kommunikation, dem Netzwerken und den richtigen Referenzen bei B2B ist der schleppende Übergang von analogen Geschäftsprozessen zur digitalen Transformation eine weitere Herausforderung – oder vielmehr eine Chance. Daniel Breitinger leitet die Start-up-Sparte von Bitkom e.V. Er zitiert aus einer aktuellen Umfrage des Digitalverbands, laut der etwa drei Viertel der Unternehmen angeben, dass sie ihre digitalen Geschäftsmodelle weiterentwickeln oder bestehende Produkte und Dienstleistungen im B2B-Bereich anpassen. Auf der anderen Seite sehen sich aber zwei Drittel der Unternehmen als digitale Nachzügler. Darin erkennt Daniel Breitinger eine Chance für Synergien: „Zwar hat die Mehrheit der Unternehmen – insbesondere die großen Konzerne – eine Digitalstrategie, doch hinken sie bei der Anwendung neuerer digitaler Technologien hinterher. Hier können Start-ups und ihre innovativen Ideen einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie etablierte Unternehmen bei der Transformation unterstützen.“

Eine weitere Schwachstelle sieht Frank Rehme, Geschäftsführer des Mittelstand-Digital Zentrum Handel, bei der öffentlichen Verwaltung. „Ich sehe, wie lange Prozesse dort dauern und wie der Fachkräftemangel da enorm einschlägt. Durch eine verpasste Digitalisierung wurden die Chancen zur Verbesserung von Prozessen nicht angenommen. Da sehe ich die größeren Probleme für unsere Wirtschaft, denn die Wirtschaft ist letztlich von den Prozessen der öffentlichen Verwaltung abhängig,“ resümiert Frank Rehme: „Wir sind für Gründungen nicht schnell genug. Alles, was in den Bereich von Gerichtsbarkeit geht, ist überlastet. Wenn sie als Start-up eine Kapitalgesellschaft gründen wollen, beginnt das mit einem Papierapparat für ein Geschäftskonto. Der Eintrag ins Handelsregister dauert, denn die Registriergerichte sind ausgelastet. Auf eine Umsatzsteuer-ID warten sie zwei Monate. Jede Änderung, wie ein weiterer Gesellschaftender oder eine neue Dependance, stößt den Prozess von vorne an.“

Zweifellos gibt es bei deutschen Unternehmen noch Aufholbedarf bei der Digitalisierung von B2B. Darin liegt genau das Wachstumspotenzial für die Start-ups, die kleinen und mittleren Unternehmen sowie der Industrie in dieser Hinsicht vermehrt unter die Arme greifen könnten.

Stand: November 2022