Gründerteam GWA Hygiene GmbH

Marcel Walz 2. v.l., Dirk Amtsberg: 6.v.l., Maik Gronau 7. v.l.

© GWA Hygiene GmbH

Kurzinfo:

Gründer: Maik Gronau, Marcel Walz, Dirk Amtsberg
Gründung: 2015
Hochschule: Fachhochschule (jetzt: Hochschule) Stralsund
Gründungsnetzwerk: INFEX Gründerbüro
EXIST-Gründungsstipendium: 2014 – 2015
gwa-hygiene.de

Interview mit Maik Gronau

In Deutschland infizieren sich jährlich über 700.000 Menschen während ihres Krankenhausaufenthalts mit so genannten nosokomialen Keimen. 30.000 Patienten sterben pro Jahr daran. Höchste Zeit also, dagegen etwas zu tun. Das dachten sich auch Maik Gronau, Marcel Walz und Dirk Amtsberg von der Fachhochschule Stralsund. Sie haben ein Händehygiene Monitoring entwickelt.

Herr Gronau, Sie haben gemeinsam mit Ihren Kollegen so genannten Krankenhauskeimen den Kampf angesagt. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?

Gronau: Durch einen privaten Krankenhausaufenthalt. Ich habe damals beobachtet, dass Pfleger, Ärzte und Reinigungskräfte den Desinfektionsspender in meinem Krankenzimmer sehr unterschiedlich genutzt haben. Der eine mehr - der andere weniger. Wenn man aber weiß, dass sich Keime zu 90 Prozent über die Hände übertragen, gibt einem das doch sehr zu denken. Von daher habe ich mich gefragt, wie man das Hygieneverhalten verbessern kann. Also habe ich gemeinsam mit meinen Freunden, dem Wirtschaftsinformatiker Dirk Amtsberg und dem Maschinenbauingenieur Marcel Walz, im Rahmen unseres Studiums an der Fachhochschule Stralsund nach Lösungen gesucht.

Und dabei ist die Idee eines Händehygiene Monitorings entstanden?

Gronau: Ja, genauer gesagt: das Händehygiene-Monitoring-System NosoEx. Krankenhäuser und andere Einrichtungen können damit die Nutzung von Desinfektionsmittelspendern, die fast in jedem Raum an der Wand hängen, messen, den Füllstand der Behälter kontrollieren, die Daten speichern und damit automatische Reports zu ihrer Hygienesituation abrufen.

Grundlage hierfür sind ein Sensormodul und ein Transponder. Das Sensormodul wird am Desinfektionsmittelspender befestigt und erfasst dessen Nutzung. Es misst also an jedem beliebigen Spender – man muss keine neuen Spender anschaffen –, in welcher Intensität er betätigt wird. Ergänzend dazu gibt es einen Transponder, den das Personal morgens vor Schichtbeginn anlegt und nach Schichtende wieder ablegt. Damit können wir nachweisen, wie häufig sich bestimmte Berufsgruppen wie Ärzte, Pfleger, Physiotherapeuten oder Reinigungskräfte die Hände desinfizieren. Dabei wird immer nur das Desinfektionsverhalten der jeweiligen Berufsgruppe erhoben und nicht das einzelner Personen. Je nach Ergebnis können dann Maßnahmen ergriffen werden, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu einem verbesserten Hygieneverhalten zu motivieren.

Mit welchen Krankenhäusern haben Sie kooperiert, um Ihr System zur Marktreife zu entwickeln?

Gronau: Das waren zum einen das Klinikum Karlsburg bei uns in der Region und das Klinikum Lüneburg. Mit dem Klinikum Lüneburg konnten wir unsere Idee bis zur aktuellen Produktreife entwickeln. Nach Einführung unseres Systems stieg dort übrigens der Desinfektionsmittelverbrauch in den ersten drei Monaten um 35 Prozent.

Sie sind seit drei Jahren am Markt und haben bisher bundesweit elf Kunden. Wie ist grundsätzlich die Resonanz der Einrichtungen, die Sie ansprechen?

Gronau: Die meisten Krankenhäuser, Reha-Einrichtungen, ambulanten Zentren sowie Alten- und Pflegeheime finden es sehr interessant, nicht zuletzt, weil viele davon über unser System erst einmal erfahren, wie viele Desinfektionsmittelspender sie überhaupt haben. Mit unserem Tool inventarisieren wir natürlich auch die Spender und zeichnen sie in einem Lageplan auf. Außerdem bieten wir insbesondere dem Hygiene-Team durch die erhobenen Daten eine bessere Handlungsbasis. Folglich können sie gezielt auf diejenigen Stationen und Berufsgruppen zugehen, die beispielsweise eine Schulung aufgrund von unterdurchschnittlichen Desinfektionszahlen benötigen.

Trotzdem ist die Kundenakquise in dem Bereich nicht so ganz einfach. Wie gehen Sie vor?

Gronau: Wir haben bisher selbst den Vertrieb übernommen und potenzielle Kunden angesprochen. Darüber hinaus setzen wir auf starke Vertriebspartner. Das sind insbesondere Desinfektionsmittelhersteller, die ihren Bestandskunden unser System anbieten. Damit skalieren wir unseren Vertrieb und helfen gleichzeitig dem Partner sich mit einem innovativen Produkt Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.

Wie kommt der Kontakt zu potenziellen Vertriebspartnern zustande?

Gronau: In der Regel über Fachmessen. Wir besuchen die Messestände der Hersteller, stellen unsere Idee kurz vor und erhalten dann bei Interesse die Kontaktdaten der Ansprechpartner in den Unternehmen. Darunter können durchaus auch Kontakte zu Vorstandsmitgliedern sein. Einige haben uns sogar schon in Stralsund besucht.

In erster Linie geht es dann darum, das Produkt und das Team kennenzulernen. Bei unseren heutigen Partnern konnten wir mit beidem überzeugen. Anstatt Exklusivverträge abzuschließen, verfolgen wir allerdings eher die Strategie, unser Produkt nach den individuellen Wünschen der Partner weiterzuentwickeln, damit sie sich damit von ihren Wettbewerbern abheben können.

Gibt es etwas, das Sie rückblickend anders machen würden?

Gronau: Ich mag das Sprichwort „Später bereut man das, was man nicht getan hat und nicht das was man getan hat“. Wir werden zwar von den Partnern als „Schnellboot“ wahrgenommen und haben bereits 15 Mitarbeiter, aber ich frage mich dennoch, ob wir nicht noch hätten schneller sein können. Mit einer größeren Kapitalausstattung wäre es uns zum Beispiel sicherlich gelungen, unser Team noch früher aufzustocken.

Wie sehen Ihre nächsten Schritte aus?

Gronau: Wir stehen kurz vor Abschluss einer neuen Finanzierungsrunde. Damit wollen wir den Vertrieb weiter ankurbeln und auch die Internationalisierung mit den Partnern vorbereiten. Eine Teilnahme am German Accelerator Programm im Silicon Valley steht in diesem Jahr ebenfalls an. Darüber hinaus arbeiten wir aktuell mit Hochdruck an Weiterentwicklungen unseres Systems, die wir in Kürze auch als Patent anmelden werden.

Welche Tipps können Sie anderen Gründerinnen und Gründern geben?

Gronau: Was mir immer wieder auffällt, ist, dass sehr viele Gründer eine Verschwiegenheitserklärung fordern, bevor sie von ihrer Idee erzählen. Ich bin in der Anfangszeit auch so vorgegangen, das will ich nicht abstreiten. Aber letztlich ist es doch so: Nur wenn ich anderen von meiner Idee erzähle, erfahre ich, wo die Schwachstellen liegen und wer mir eventuell weiterhelfen kann.

Unter dem Strich würde ich heute jedem Gründer empfehlen, mutig zu sein und Ausschau nach Kooperationen zu halten. Früher galt das Credo „Groß kauft bei Groß“. Das ändert sich sukzessive, da Start-ups wesentliche Innovationstreiber sind. Daher sollte man sich Partner suchen, die beispielsweise durch die Digitalisierung herausgefordert werden und diese Dynamik durch das Produkt eines Start-ups bewältigen können.

Stand: Mai 2018