Morpheus Space Founders

v.l.n.r.: Christian Boy, Christian Schunk, István Lőrincz, Daniel Bock, Philipp Laufer

© Morpheus Space GmbH

Kurzinfo:

Morpheus Space GmbH
Gründer: Daniel Bock, István Lőrincz, Christian Schunk, Philipp Laufer, Christian Boy, Prof. Martin Tajmar
Gründung: 2018
EXIST-Forschungstransfer: 2018 – 2019
Hochschule: Technische Universität Dresden
Gründungsnetzwerk: Dresden exists
www.morpheus-space.com

Interview mit Daniel Bock

Hunderte von Nano-Satelliten werden jedes Jahr von Unternehmen und Forschungseinrichtungen in den Weltraum geschossen, um damit Veränderungen auf der Erde, Klimaeinflüsse oder auch den Transport von Waren zu beobachten. Tendenz steigend. Dank einer speziellen Antriebstechnik, die Daniel Bock und seine Co-Gründer am Lehrstuhl für Raumfahrtsysteme an der Technischen Universität Dresden entwickelt haben, lassen sich Nano-Satelliten zukünftig gezielt durch den Weltraum manövrieren.

Herr Bock, Sie haben eine Antriebstechnik für Nano-Satelliten entwickelt. Welche Idee steckt dahinter?
Bock: Beim Einsatz von Nano-Satelliten gibt es derzeit noch zwei Probleme. Erstens: Nano-Satelliten bewegen sich unkontrolliert im Weltraum, sobald sie aus der Rakete ausgeworfen werden. Man kann sie also nicht in Richtung einer bestimmten Position steuern. Das hat unter anderem zur Folge, dass sie womöglich mit anderen Satelliten kollidieren. Und zweitens: Nano-Satelliten fliegen noch viele Jahrzehnte als Weltraumschrott im Orbit herum, auch wenn ihre Funktionsdauer von zwei bis drei Jahren schon längst überschritten ist. Irgendwann verglühen sie dann in der Erdatmosphäre, aber bis dahin stellen Sie eine große Gefahr dar.

Und wie sieht Ihre Lösung dafür aus?
Bock: Wir haben eine Antriebstechnik, sogenannte Ionenstrahlantriebe, für Nano-Satelliten entwickelt. Diese „Motoren“ sind nur fingerhutgroß und können in die Nano-Satelliten eingebaut werden. Der Vorteil ist: Wir können Nano-Satelliten damit zu bestimmten Positionen im Orbit manövrieren. Ihre Bewegungsbahn lässt sich also genau steuern, so dass sie zum Beispiel auch anderen Satelliten ausweichen können. Hinzukommt: Sobald die Satelliten nicht mehr funktionsfähig sind, können wir sie kontrolliert in der Erdatmosphäre verglühen lassen.

Welche Aufgaben haben Nano-Satelliten denn eigentlich?
Bock: Nano-Satelliten bzw. Satelliten generell werden zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt. Am weitesten verbreitet ist die Beobachtung der Erde. Es gibt Unternehmen, die einmal pro Tag ein Bild von der ganzen Erde mit hunderten von Satelliten erzeugen und damit die Veränderung der Welt bildlich darstellen. Die Bilder werden unter anderem an Unternehmen verkauft, zum Beispiel an Reedereien, die damit ihre Schiffe orten können. Mit Hilfe von Satelliten können aber auch in Echtzeit bestimmte Objekte wie zum Beispiel Container auf einem Schiff, einem Lkw oder in einem Flugzeug nachverfolgt werden. Der Anwendungsbereich von Satelliten ist einfach enorm.

Und was ist der Vorteil von kleinen Satelliten, wie Nano-Satelliten?
Bock: Ganz einfach: Sowohl die Herstellung eines Satelliten als auch dessen Transport in den Orbit mit einer Rakete kosten natürlich Geld. Das wird nach Kilogramm berechnet. Das bedeutet, je kleiner der Satellit, desto geringer die Kosten. Und weil ein Nano-Satellit nur ein bis zehn Kilogramm wiegt, bewegen sich die Transportkosten nur im sechs- bis siebenstelligen Bereich. Das ist ein Bruchteil der Kosten, die für herkömmliche große Satelliten entstehen und hat zur Folge, dass Unternehmen oder auch Forschungseinrichtungen hunderte von Satelliten im Orbit platzieren können. Das ging früher nicht.

Entwickelt haben Sie und Ihre Kollegen die Antriebstechnologie an der TU Dresden?
Bock: Ja, im Institut für Luft- und Rahmfahrtechnik am Lehrstuhl für Raumfahrtsysteme. Das war über sieben Jahre harte Arbeit. Ich habe dort während meines Studiums angefangen und dann mein Diplomarbeit darüber geschrieben. Nach meinem Studium habe ich in dem Forschungsprojekt als wissenschaftlicher Mitarbeiter weitergearbeitet. Meine Mitgründer sind dann nach und nach dazu gestoßen, so dass wir gemeinsam die Technologie weiterentwickelt haben. Zurzeit bin ich übrigens gerade in den Endzügen meiner Promotionsarbeit.

Wie kam es denn zu der Idee, sich selbstständig zu machen?
Bock: Persönlich habe ich schon immer Ambitionen gehabt, etwas Eigenes aufzubauen. Deswegen bin ich vielleicht auch Ingenieur geworden. Im Laufe meiner Forschungstätigkeit ist mir dann immer bewusster geworden, dass die Technologie, die wir entwickelt haben, nicht nur viel Potenzial besitzt, sondern dass es auch einen Markt dafür gibt. Also habe ich mich mit fünf Kollegen - jeder ein Experte auf seinem Gebiet - am Institut zusammengetan. In vielen langen Gesprächen haben wir dann die Pläne für unsere Ausgründung geschmiedet.

An der TU Dresden gibt es das Gründungsnetzwerk Dresden exists. Hat man Sie dort mit Rat und Tat unterstützt?
Bock: Ja, sehr gut sogar: sowohl bei der Antragstellung für EXIST-Forschungstransfer als auch während des Projekts. Außerdem haben wir jede Menge Kontakt zu anderen Start-ups, zu Kapitalgebern und zu Personen und Institutionen bekommen, um die Gründung und Geschäftsentwicklung voranzutreiben. Das war und ist natürlich sehr zeit- und arbeitsaufwändig. Aber dass wir jetzt die Möglichkeit haben, unsere Forschungsergebnisse in ein marktreifes Produkt zu überführen ist schon ziemlich perfekt.

Sie haben im letzten Jahr gegründet und sind noch nicht lange auf dem Markt. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Bock: Ein absolutes Highlight war für uns die Chance, die erfolgreiche Anwendung unseres Antriebs im Weltall zu demonstrieren. Damit sind wir weltweit die Ersten, die auf dem kleinsten bisher existierenden Nano-Satelliten einen elektrischen Antrieb installieren und das Ganze auch noch live testen konnten. Das hat uns sehr viel positive Resonanz eingebracht. In dem Zusammenhang freuen wir uns auch, dass wir die Öffentlichkeit auf ein so großes Problem wie den zunehmenden Weltraumschrott aufmerksam machen können und zugleich in der Lage sind, eine Lösung dafür anzubieten.

Gibt es denn schon potenzielle Kunden?
Bock: Ja, natürlich. Bei den Interessenten handelt es sich um Satelliten-Hersteller, aber auch Satelliten-Betreiber mit Sitz in Europa, Asien und vor allem in den USA. Das ist logistisch eine Herausforderung, nicht zuletzt wegen der recht langen Entscheidungsprozesse, aber es ist auch sehr spannend. Wichtig ist, mit potenziellen Kunden so früh wie möglich ins Gespräch zu kommen und sich darüber abzustimmen, ob das Produkt auch tatsächlich deren Bedürfnisse erfüllt. Entscheidend ist, dass man ein Produkt für den Kunden entwickelt und nicht für sich selbst.

Wo lernt man sich kennen? Auf Messen?
Bock: Unterschiedlich. Teilweise sprechen uns Kunden an, vor allem jetzt im Nachgang zu unserer erfolgreichen Demonstration im Weltall. Man trifft sich aber auch auf Fachkonferenzen und -messen, wo man die ersten Beziehungen aufbaut und sein Produkt vorstellt.

Wie sieht es in Ihrem sehr speziellen Markt aus? Gibt es da Wettbewerber? Oder ist Ihr Produkt so innovativ, dass Sie sich entspannt zurücklehnen können?
Bock: Es gibt ein paar wenige Wettbewerber. Bei den kleinsten Satelliten – selbst die Nano-Satelliten sind unterteilt in verschiedene Gewichtsklassen – haben wir aber die Nase vorn. Da gibt es noch keine Konkurrenz. Bei den etwas größeren Satelliten gibt es eigentlich nur einen wirklichen Wettbewerber. Und andere Start-ups in dem Bereich befinden sich noch in sehr frühen Entwicklungsstadien.

Sie bekommen noch EXIST-Forschungstransfer, müssen aber demnächst einen oder mehrere Investoren an Bord holen. Wie ist das Thema Raumfahrt bei den Investoren angesiedelt?
Bock: Es gibt einige wenige spezialisierte Space-Investoren. Aber es wird zunehmend deutlich, dass auch immer mehr branchenoffene große Investoren beginnen, sich für die Raumfahrt zu interessieren. Wir haben jedenfalls auf Pitch-Veranstaltungen sehr viele gute Kontakte gemacht. Aber es ist ein Prozess, der seine Zeit dauert. Wir haben zum Beispiel gleich am ersten Tag als es mit EXIST-Forschungstransfer losging, damit angefangen, nach geeigneten Kapitalgebern zu suchen, weil uns klar war, dass von der ersten Kontaktaufnahme bis zum tatsächlichen Investment sehr viel Zeit vergeht. Man muss die Investoren ja erst einmal kennenlernen, zum Teil wird man auch weiterempfohlen. Letztlich ist es ein Geflecht aus Netzwerken und Kontakten, das einem dabei hilft, ans Ziel zu kommen. Wir sind jedenfalls auf einem guten Weg. Sobald die Finanzierung steht, wollen wir unsere Produktionskapazitäten ausbauen und 20 bis 30 Arbeitsplätze hier in Dresden schaffen.

Stand: April 2019