Prof. Dr. Friederike Welter, Präsidentin des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn und Vorsitzende des EXIST-Beirats

Prof. Dr. Friederike Welter, Präsidentin des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn und Vorsitzende des EXIST-Beirats

© IfM Bonn

Mit dem Förderangebot „EXIST-Potentiale“ möchte das Bundeswirtschaftsministerium die Gründungsnetzwerke an Hochschulen weiter entwickeln sowie kleine und mittlere Hochschulen unterstützen, die bislang noch keine EXIST-Förderung in Anspruch genommen haben. Zu den Inhalten und Zielen des Förderprogramms haben wir Prof. Dr. Friederike Welter, Präsidentin des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn und Vorsitzende des EXIST-Beirats, gefragt.

Frau Professorin Welter, die wissenschaftliche Begleitforschung von EXIST kommt zu dem Ergebnis, dass EXIST „wirkt“. Was bedeutet das konkret und warum müssen Hochschulen trotzdem noch weiter gefördert werden?

Prof. Welter: Seit dem Programmstart in 1998 wurden an 127 Hochschulen mehr als 17.000 Gründungsideen betreut – daraus sind 4.600 Gründungen entstanden. Sechs Hochschulen wurden mit dem Prädikat „EXIST-Gründerhochschule" ausgezeichnet, weil dort eine lebendige und ganzheitliche Gründungskultur etabliert ist und ein wahrnehmbarer Unternehmergeist herrscht. Gleichwohl zeigt sich, dass das Potenzial unternehmerischen Denkens und Handelns immer noch nicht bundesweit an allen Hochschulen ausgeschöpft wird.

Diese Lücke soll mit EXIST-Potentiale geschlossen werden?

Prof. Welter: Ja, das Förderprogramm EXIST-Potentiale zielt darauf ab, die beste-henden Strukturen kontinuierlich weiterzuentwickeln. Es soll dazu beitragen, die Gründungsaktivitäten in den Hochschulen auszubauen, die sich bisher noch nicht durch einen forschungs- und wissensbasierten Unternehmergeist auszeichnen. Zugleich soll die bereits erreichte Gründungsexzellenz erweitert und in Form von Forschungsverbünden sowohl regional, national als auch international verankert werden.

Eines der Themenfelder von EXIST-Potentiale heißt „Potentiale heben“. Wie stellen Sie sich dabei den Transfer von Good-Practice Beispielen von EXIST-Gründerhochschulen in kleine und mittlere Hochschulen vor?

Prof. Welter: Das Zauberwort heißt „Mentoring": Im Rahmen des EXIST-Schwerpunkts „Professionalisierung Mentoring" verpflichtet sich die Leitung einer Hochschule, in der es bisher nur eine gering ausgeprägte Gründungskultur gibt, dies zu ändern. Zugleich legt sie dar, mit welchen Maßnahmen sie den Unternehmergeist nachhaltig stärken möchte. In Form von Mentoring erhält die entsprechende Hochschule dann Unterstützung von einer etablierten EXIST-Gründerhochschule.
Die Weiterentwicklung von EXIST hat dabei vor allem kleinere Hochschulen im Vi-sier, die bislang – aus welchen Gründen auch immer – noch keine EXIST-Förderung in Anspruch genommen haben. Zukünftig können diese Hochschulen gemeinsam mit anderen Regional- oder Hochschulpartnern eine Projektstrategie entwickeln. Bei international angelegten Initiativen werden sie dann auch von den Marketing- und Akquise-Aktivitäten ihrer Verbundpartner profitieren.

Ein weiteres Themenfeld lautet „(Über)Regional“ vernetzen. Gibt es hier bereits nachahmenswerte Beispiele?

Prof. Welter: Hochschulen prägen ihre Region und deren Gründungskultur: Neben der Wissensinfrastruktur, der Ausbildung von hoch qualifizierten Fachkräften – als potenzielle Gründerinnen und Gründer wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Un-ternehmen – und dem Technologietransfer bieten sie im besten Fall Unterstützung für angehende Gründerinnen und Gründer an. Ziel von EXIST-Potentiale ist es, die Vernetzung von Wirtschaft, Finanzierung und Wissenschaft so zu fördern, so dass hierdurch die regionale Start-up-Kultur gestärkt wird. Auch die Start-up-Kultur im Silicon Valley ist letztlich auf diese Weise entstanden. Durch Hochschulverbünde und institutionelle Partnerschaften kann eine solche regionale Vernetzung zu landes- und bundesweiten Verflechtungen wachsen.

Das dritte Themenfeld heißt „International überzeugen“. Warum ist das wichtig und an wen richtet sich dieses Themenfeld?

Prof. Welter: Innovative Start-ups sind für die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands wichtig. Die notwendigen Grundlagen hierfür werden an vielen deutschen Hoch-schulstandorten gelehrt und die entsprechende Forschung wissenschaftlich geför-dert. Ziel im Schwerpunkt „Internationalisierung" ist es, Hochschulen, deren For-schungsgebiete sich ergänzen oder ähnlich gelagert sind, zu motivieren, sich zu international sichtbaren Gründungszentren weiterzuentwickeln. Unter der Dachmarke „EXIST Startup Germany" können sie weltweit sichtbarer auftreten. Exzellente Wissenschafts- und Gründungsregionen können sich so zu internationalen Leuchttürmen entwickeln. Zudem lassen sich leichter qualifizierte Akademiker und Fachkräfte für den Standort Deutschland gewinnen.

EXIST-Potentiale wendet sich an alle Hochschulen in Deutschland, die (zusätz-liche) Potentiale in der Gründungsförderung nachhaltig erschließen möchten. Gibt es Hochschulen, deren Teilnahme Sie als besonders wünschenswert erachten?

Prof. Welter: Auf den ersten Blick mag EXIST-Potentiale vorrangig leistungsstarke Hochschulstandorte mit Hightech-Gründungspotenzial im Fokus haben. Tatsächlich zielt die Weiterentwicklung des EXIST-Programms aber auch auf die Gründungsförderung an Hochschulen, die nicht primär technisch ausgerichtet sind. Dabei geht es zum einen darum, generell die Gründungskultur und den Unternehmergeist zu fördern. Zum anderen sollen aber auch beispielsweise Gründungsideen mit einem herausragenden gesellschaftlichen, kreativen oder sozialem Mehrwert prämiert werden. So manches innovative – und auch international zukunftsfähige – Geschäftsmodell ist hierauf zurückzuführen.

Stand: Januar 2019