Die Brandenburgische Technische Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg und die Technische Hochschule (TH) Wildau tragen gemeinsam mit ihren Partnerinnen und Partnern zum Strukturwandel im südlichen Brandenburg bei.

Der Strukturwandel im südlichen Brandenburg geht mit großen Schritten voran. Die von der Braunkohlewirtschaft geprägte Region soll sich zu einem kreativen und zukunftsorientierten Standort entwickeln. Dazu tragen nicht zuletzt die Brandenburgische Technische Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg und die Technische Hochschule (TH) Wildau gemeinsam mit ihren Partnerinnen und Partnern im regionalen Gründungs-Ökosystem bei.

Fährt man durch das südliche Brandenburg und die Lausitz wird deutlich, in welche Richtung die Entwicklung gehen soll. Ein Beispiel sind die zahlreichen außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die sich in den letzten Jahren dort niedergelassen haben, um die Möglichkeiten einer karbonfreien Energieerzeugung auszuloten. Dennoch: Die Braunkohleindustrie hinter sich zu lassen und die Region zu einem attraktiven Standort für Zukunftstechnologien auszubauen, ist alles andere als ein Spaziergang.

Das Team des EXIST-Potentiale-Projekts „Startup Revier EAST | Entrepreneurs and Academics, Skills and Technologies hat sich daher viel vorgenommen. Und: Es hat auch schon sehr viel erreicht. „Wir befördern mit Unterstützung von EXIST-Potentiale nicht nur das Gründungsgeschehen, sondern möchten den Menschen auch Mut machen und sie bei der Bewältigung des Strukturwandels im südlichen Brandenburg und der Lausitz begleiten“, sagt Katrin Erb, Leiterin der Abteilung Wissens- und Technologietransfer an der BTU Cottbus-Senftenberg.

BTU-Forschungszentrum für Leichtbauwerkstoffe

BTU-Forschungszentrum für Leichtbauwerkstoffe

© MMZ / BTU Cottbus-Senftenberg

Das Verbundprojekt der BTU Cottbus-Senftenberg und der TH Wildau wird seit knapp drei Jahren im EXIST-Potentiale-Schwerpunkt „Regional vernetzen“ gefördert. Die wissenschaftliche und strategische Projektleitung liegt in Händen von Prof. Dr.-Ing. Michael Hübner (BTU Cottbus-Senftenberg), Prof. Dr. Dana Mietzner (TH Wildau) und Prof. Dr. Klaus-Martin Melzer (TH Wildau).

Startup Revier EAST“ besteht aus drei Teilprojekten:

  1. Community Management (BTU Cottbus-Senftenberg)
  2. CreativeOpenLab (COLab) (BTU Cottbus-Senftenberg)
  3. Regionale Entrepreneurship Education (TH Wildau)
Die TH Wildau – Campushochschule

Die TH Wildau – Campushochschule

© Matthias Friel

Community Management

Das Community Management liegt in Händen des vierköpfigen Netzwerkteams an der BTU Cottbus-Senftenberg. Seine Aufgabe ist es, alle gründungsrelevanten Akteurinnen und Akteure im südlichen Brandenburg und der Lausitz zusammenzubringen. Dazu gehören sowohl junge als auch etablierte Unternehmen, Gründerinnen und Gründer, die Kammern, die Kommunen, Investorinnen und Investoren und alle anderen, die am Gründungsgeschehen in der Region beteiligt sind.

„Unsere Veranstaltungen und Kommunikationskanäle ermöglichen Kontakte und Kooperationen, von denen alle Beteiligten profitieren,“ so die Erfahrung von Sinikka Treuger, Projektleiterin des Community Managements an der BTU Cottbus-Senftenberg. Eine zentrale Rolle nimmt dabei der monatlich erscheinende Event-Newsletter ein. Er enthält sämtliche Termine und Informationen zu allen regionalen Gründungsveranstaltungen. Damit leistet er einen wesentlichen Beitrag dazu, alle Interessensgruppen anzusprechen und schließt eine oftmals kritisierte Lücke im Informationsangebot.

Aktuell ist das Team des Community Managements außerdem damit beschäftigt, gemeinsam mit dem regionalen Gründungszentrum Startup Lausitz eine Gründungsmarke für die Lausitz zu entwickeln. Sie soll dazu beitragen, das Gründungsgeschehen sichtbarer zu machen. Dabei wurden die Weichen im Verlauf des Vorhabens neu gestellt. Dass das im Rahmen der EXIST-Förderung möglich war, weiß Katrin Erb sehr zu schätzen.

Ebenfalls auf der Agenda steht das Hochschulscreening. Die Gründungsakteurinnen und -akteure möchten sich ein genaueres Bild davon machen, wie es um das Gründungspotential am Wissenschaftsstandort Cottbus steht. Welche potenziellen Gründungsideen gibt es an den Lehrstühlen und Forschungsvorhaben? Welche Vorhaben werden an der Hochschule und außeruniversitären Forschungseinrichtungen umgesetzt? Wie kann verstärkt für das Thema Gründung sensibilisiert werden? Genaue Aussagen darüber soll der BTU-Gründungsradar sowie die gezielte Ansprache der Zielgruppe liefern.

CreativeOpenLab (COLab)

Das COLab ist das zweite Teilprojekt von Startup Revier EAST. Das Besondere ist: Der Maker Space steht nicht nur allen Gründungsinteressierten der BTU Cottbus-Senftenberg und TH Wildau zur Verfügung, sondern allen regionalen Gründerinnen und Gründern, jungen Unternehmerinnen und Unternehmern sowie Jugendlichen und allen anderen Interessierten. Kurzgefasst: Alle sind eingeladen in den fünf Werkstätten ihre Ideen zu realisieren. Die Holz-, CNC-, Metall-, Kunststoff- und Textilwerkstatt sind mit modernster Technik ausgestattet. Ein Kreativ- und Mitmachbereich bietet zudem niedrigschwellige Technologie wie 3D-Drucker und Lasercutter an. Katrin Erb: „Auf dieses Teilprogramm sind wir sehr stolz. Finanziert wird es sowohl über EXIST-Potentiale als auch über das Landesprogramm Strukturentwicklung Lausitz. Das hochwertige Equipment ist für viele hier in der Region ein tolles Angebot, um Prototypen, Modelle oder erste Miniserien herzustellen. Kein Wunder, dass es so gut angenommen wird.“

Das COLab von Startup Revier EAST

Das COLab von Startup Revier EAST

© Lasse Nordhof (COLab)

Dabei war es gar nicht so einfach, die Werkstätten auszustatten. Wie an allen Hochschulen, hat Corona auch an der BTU Cottbus-Senftenberg zu heftigen Verzögerungen bei der Beschaffung von Maschinen, Geräten, aber auch Baumaterialien geführt. Doch die Cottbusser haben das Beste daraus gemacht. „Wir konnten und wollten nicht noch ein halbes Jahr länger warten und sind mit der rudimentären Version des COLabs, einem ersten Mitmachbereich, in ein Einkaufszentrum in der Innenstadt von Cottbus gezogen.“ Für Katrin Erb sowie die damalige Projektleiterin Dr. Jadranka Halilovic und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter eine großartige Erfahrung.

Inzwischen aber haben das COLab und das Community Management ihren Platz im Gründungszentrum STARTBLOCK B2 in unmittelbarer Nähe des BTU-Campus in Cottbus. Betrieben werden die auf 5.500 Quadratmeter verteilten Büros, Veranstaltungsräume und Werkstätten von der EGC Wirtschaftsförderung Cottbus GmbH. Es sei eine absolute Erfolgsgeschichte, freut sich Katrin Erb. „Nahezu alle gründungsrelevanten Ansprechpartnerinnen und -partner der Region haben hier im STARTBLOCK ihren Sitz. Wer zum Beispiel an der BTU studiert und sich für die Gründung eines Start-ups interessiert, kann hier, beim Gründungsservice der BTU, EXIST-Gründungsstipendium oder EXIST-Forschungstransfer beantragen. Gründungsinteressierte, die nicht aus der Hochschule kommen, gehen einfach nebenan zur regionalen Anlaufstelle Startup Lausitz. Wer andere Gründerinnen und Gründer kennenlernen möchte, klopft beim Community Management an die Tür. Und wer einen Prototypen bauen möchte, findet im COLab alles, was er oder sie braucht.“

Eine wichtige Rolle spielt darüber hinaus die Ansprache der Studierenden, die aus dem Ausland in die Lausitz kommen, um an der BTU Cottbus-Senftenberg zu studieren. 40 Prozent sind es inzwischen – Tendenz steigend. Für sie sollen verstärkt englischsprachige und curricular verankerte Veranstaltungen angeboten werden. „In der einsemestrigen Workshopreihe Schlüsselqualifikationen für den Berufsalltag wird zum Beispiel von der Idee bis hin zum Prototyping der gesamte Gründungsprozess durchgespielt. Die Veranstaltung wurde 2021 sogar mit dem Lehrpreis der BTU ausgezeichnet. Sie ist so erfolgreich, dass uns die Interessenten die Türen einrennen. Wir haben daher entschieden, in 2023 auch eine englischsprachige Version anzubieten, die sich insbesondere an unsere internationalen Studierenden wendet“, erklärt Sinikka Treuger.

Regionale Entrepreneurship Education

Dabei ist die Frage, wie sich unternehmerisches Denken und Handeln am besten vermitteln lassen, vor allem ein Thema, dem man sich an der TH Wildau widmet. Dort, 100 Kilometer von Cottbus entfernt, noch im Berliner Speckgürtel, geht es um den dritten Baustein des EXIST-Potentiale-Projekts: Entrepreneurship Education. Der Schwerpunkt liegt dabei auf regionalspezifischen Problemlagen.

Bianca Baumann, Koordinatorin des EXIST-Projekts Startup Revier EAST sowie des BMBF-Projekts startINN an der TH Wildau, erklärt was es damit auf sich hat: „Wir haben unter anderem die fakultative Lehrveranstaltung ‚Regional Entrepreneurship’ erstmals im Wintersemester 2021/22 für Bachelor- und Masterstudierende durchgeführt. Ziel war es, auf Grundlage regionaler Problemlagen und mit Hilfe von Instrumenten und Methoden der Geschäftsmodellentwicklung Lösungen für die jeweilige Region zu entwickeln. In unserem ersten Durchgang ging es dabei um den Landkreis Teltow-Fläming, südlich von Berlin. Die Basis bildete ein sogenannter ‚Regionaler Steckbrief‘, den wir als Projektteam bzw. Team der Forschungsgruppe Innovations- und Regionalforschung an der TH Wildau im Rahmen einer Regionalanalyse vorab erstellt hatten und der in das didaktische Konzept der Lehrveranstaltung einfloss. Die Studierendenteams haben sich schließlich für die zwei zentralen Problemlagen ‚unzureichende mobile Anbindung im ländlichen Raum‘ sowie ‚hohe Waldbrandgefahr in der sehr munitionsbelasteten Region‘ entschieden und jeweils eine Geschäftsidee entwickelt. Und natürlich das notwendige Wissen erworben, wie und vor allem mit welcher Unterstützung an der Hochschule sie ihre ersten Ideen eventuell in die Gründung eines Start-ups überführen können.“

Nicht zuletzt haben der hohe Praxisbezug und die enge Anbindung an die Region dafür gesorgt, dass die Veranstaltung bei den Teilnehmenden sehr gut ankam. Inzwischen wurde sie im Studiengang Telematik des Fachbereichs Ingenieur- und Naturwissenschaften ins Curriculum aufgenommen. Gleiches soll auch für weitere Studiengänge des Fachbereichs geschehen sowie im Fachbereich Wirtschaft, Informatik, Recht. Dabei wird es inhaltlich übrigens nicht ausschließlich um Problemlösungen für den Landkreis Teltow-Fläming gehen. Insgesamt werden aus den 18 Landkreisen im südlichen Brandenburg sechs ausgewählt, für die jeweils ein solcher „Regionaler Steckbrief“ erstellt wird.

Zukünftig soll das Veranstaltungsformat nicht nur an den Hochschulen im Land Brandenburg durchgeführt werden, sondern direkt an den sogenannten Präsenzstellen im Land Brandenburg. Dabei handelt es sich um Anlaufstellen der Hochschulen in hochschulfernen Gebieten. Die Projektverantwortlichen möchten damit die Bindung zwischen den Studierenden und den ländlichen Regionen Brandenburgs intensivieren. Vor allem aber soll der Entrepreneurial Mindset in der Umgebung gestärkt werden. Wenn daraus das eine oder andere Start-up entsteht, das sich dort niederlässt, umso besser.

STARTPARADE – das Jahresevent von BTU und TH Wildau

Als Projektpartner stehen die beiden Hochschulen natürlich im ständigen Austausch miteinander. Den Höhepunkt bildet dabei ein gemeinsames Jahresevent, das im jährlichen Wechsel entweder in Cottbus oder in Wildau stattfindet. Dazu eingeladen werden alle Netzwerkpartnerinnen und -partner, seien es die Kammern, Wirtschaftsförderungen oder auch außeruniversitären Forschungseinrichtungen.

Die STARTPARADE der BTU und TH Wildau im Jahr 2022

Die STARTPARADE der BTU und TH Wildau im Jahr 2022

© Ralf Schuster (BTU)

Für Sinikka Treuger ist die Veranstaltung auf jeden Fall ein Highlight: „Wir bringen hier das komplette Netzwerk an einem Ort zusammen. Und das Schöne ist, dass sich alle Beteiligten wirklich die Zeit nehmen, sich intensiv über die Entwicklung unserer Gründungsmarke und unseres Gründungsökosystems auszutauschen. Dabei wird einfach immer wieder deutlich, dass wir das hier alle als gemeinsame Aufgabe sehen.“

Stand: März 2023