Dr. Christina Mauer, Mitgründerin von einwert

Dr. Christina Mauer, Mitgründerin von einwert

© einwert GmbH

Kurzinfo:

einwert GmbH
Gründungsteam: Dr. Christina Mauer (CEO); Dr. Maximilian Schlachter (CTO)
Gründungsjahr: 2022
Hochschule: Technische Universität München
EXIST-Gründungsstipendium: 2021 bis 2022

Bereits während ihrer Promotion über Immobilienbewertungen machten Dr. Christina Mauer und Dr. Maximilian Schlachter ein digitales und innovatives Defizit in der Bewertungsbranche aus. Mit der Gründung von einwert, die sie mithilfe von EXIST-Gründungsstipendium bewerkstelligten, haben sie die Transformation im Bewertungsprozess von Immobilien vorangetrieben. Ihr Start-up gilt als erster europäischer Hybridgutachter, der das Gutachtengeschäft dank digitaler Prozesse mit zeitlich schnell umgesetzten Wertgutachten von höchster Qualität modernisieren will.

Ihr Start-up einwert verspricht, die Immobilienbewertung zu revolutionieren. Wie sieht diese Revolution aus und welches bisherige Problem bei der Immobilienbewertung lösen Sie? Wie unterscheiden Sie sich von bisherigen Bewertungen und wer sind Ihre Kunden?
Dr. Christina Mauer: In der Immobilienbewertungsbranche ist die Digitalisierung wenig fortgeschritten. Das führt zu langen Wartezeiten, umständlichen Prozessen und unzufriedener Kundschaft sowie unzufriedenen Gutachtenden. Bei einwert haben wir eine Softwareplattform entwickelt, die Gutachtende durch automatisierte Prozesse maximal entlastet und der Kundschaft ein einmaliges digitales Werterlebnis bietet. Unser Ziel ist es, den Bewertungsprozess effizienter zu gestalten und antiquierte Vorgehensweisen zu überwinden. Durch den Einsatz moderner Technologien können unsere zertifizierten Gutachtenrinnen und Gutachter in kürzester Zeit hochwertige Wertgutachten erstellen. Dabei legen wir Wert auf gutachterzentrierte Technologie, standardisierte Qualität und eine unkomplizierte Prozessabwicklung. Unsere Kundschaft besteht aus verschiedensten Marktteilnehmern in der Immobilienbranche wie Banken, digitalen Plattformen oder Fonds. Diese profitieren von schnelleren Bewertungen, die medienbruchfrei über digitale Schnittstellen aus den eigenen Systemen beauftragt und auf unserer Plattform anschaulich analysiert werden können.

In welchem Kontext sind Idee und Software entstanden?
Dr. Christina Mauer: Die Idee für unsere Software und unser Konzept entstand aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen sowie Beobachtungen in der Immobilienbranche. Während meiner Promotion und meiner Arbeit als Portfoliomanagerin für Immobilienfonds wurde mir bewusst, dass Gutachtende häufig mit manuellen Prozessen arbeiten müssen und kaum digitale Arbeitsmöglichkeiten haben. Diese Einschränkungen führen zu ineffizienten Abläufen und Verzögerungen, was sowohl für die Sachverständigen als auch für die Kunden unbefriedigend ist. Als Kundin solcher Sachverständigen erkannte ich, dass eine Veränderung notwendig ist, um die Immobilienbewertung effizienter, zuverlässiger und digitaler zu gestalten. Diese Erkenntnis war der Ausgangspunkt für die Entwicklung unserer Softwareplattform und unseres Konzepts bei einwert. Unsere Idee ist also als Antwort auf die Herausforderungen entstanden, denen Sachverständige und Auftraggebende in der Immobilienbewertung gegenüberstehen.

Wie hat sich das Gründungsteam zusammengefunden und über welche Kompetenzen bzw. Qualifikationen verfügen Sie sowie Ihr Co-Gründer Dr. Maximilian Schlachter?
Dr. Christina Mauer: Dr. Maximilian Schlachter und ich haben uns während unserer Promotion an der TU München kennengelernt. Die enge Zusammenarbeit legte den Grundstein für unsere Gründung und förderte eine starke Teamdynamik sowie ein gemeinsames Verständnis für die Vision von einwert. Meine Verantwortung liegt auf der kommerziellen Seite. Ich betreue den Vertrieb, das operative Geschäft sowie die Unternehmensfinanzierung. Ich habe mit summa cum laude im Bereich Immobilienbewertung promoviert und wurde für die Entwicklung des der Software zugrundeliegenden Algorithmus, der die Bewertung auf eine objektive und nachvollziehbare Grundlage stellt, mit dem DIA-Forschungspreis ausgezeichnet. Während meiner Promotion war ich selbst als Gutachterin tätig und arbeitete anschließend als Portfoliomanagerin für Immobilienfonds. Als ausgebildete Chartered Financial Analyst CFA (Level I) verfüge ich außerdem über betriebs- und finanzwirtschaftliches Know-how und bin spezialisiert in den Bereichen der Unternehmensfinanzen sowie der wirtschaftlichen Planung. Der Vertrieb liegt wegen meines berufsbedingten tiefen Verständnisses für das Kundenproblem und meines großen Netzwerkes ebenfalls in meinem Zuständigkeitsbereich.
Dr. Maximilian Schlachter hat nach seinem Bau- bzw. Wirtschaftsingenieurstudium ebenfalls über das Fachgebiet der Immobilienbewertung promoviert. Nach der Promotion führte er seine Karriere als Data Scientist fort und verantwortete software- und datenbezogene Projekte. Seine Expertise liegt vor allem im Bereich der Software- und Produktentwicklung, den er bei einwert betreut.

Sie haben vor der Gründung bereits in der Immobilienbranche gearbeitet und dann das Gründungsnetzwerk der TU München kontaktiert, um ein EXIST-Gründungsstipendium zu beantragten. Wie kam der Kontakt zur TU München zustande?
Dr. Christina Mauer: Der Kontakt zur TU München entstand durch meine langjährige Beschäftigung an der Universität während meiner Promotion. Aufgrund meiner guten Beziehungen zur Fakultät für Informatik entschied ich mich, dort nach Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit zu suchen, als die Idee zu einwert entstand und es um die Umsetzung (Prototyp) ging. Im Rahmen eines universitären Projektes, das parallel zu meiner Tätigkeit als Fondsmanagerin stattfand, begannen wir dann zu evaluieren, wie der Bewertungsprozess eines Gutachtenden durch den Einsatz neuester Technologien in einer Software optimiert werden könnte. Schnell wurde klar, dass die Verbesserungen durch den Einsatz der Software immens sind, sodass ich Kontakt zum Gründungsnetzwerk der Universität aufnahm und mich für einen Inkubator der UnternehmerTUM bewarb. Anschließend ging es um die Frage der Finanzierung, wofür EXIST die idealen Rahmenbedingungen bot.

Bei Ihren Gründungsvorbereitungen wurden Sie von der TU München und der UnternehmerTUM begleitet. Wovon haben Sie besonders profitiert? Nutzen Sie nach wie vor Programme oder Events der TU bzw. der UnternehmerTUM?
Dr. Christina Mauer: Durch den Kontakt zum Gründungsnetzwerk der TU München erhielten wir wertvolle Unterstützung und Ressourcen für unseren Gründungsprozess. Im Rahmen des Inkubators XPRENEURS (UnternehmenerTUM) wurde uns bei Coachings und Veranstaltungen viel Wissen – von der Gründung bis zur erfolgreichen Unternehmensführung – mitgegeben. Das Netzwerk ermöglichte es, von Mentoren und Branchenexperten zu profitieren, die uns mit ihrem Fachwissen und ihrer Erfahrung unterstützten. Die Verbindung zur TU München war somit entscheidend für den Erfolg unserer Gründung und die Entwicklung unserer Softwarelösung. Wir sind mit der UnternehmerTUM nach wie vor eng verbunden, nehmen an Veranstaltungen teil und unterstützen das Netzwerk, indem wir unsere Erfahrungen an die nächsten Start-ups weitergeben.

Sie haben von 2021 bis 2022 ein EXIST-Gründungsstipendium erhalten. Was war bei diesem Programm besonders hilfreich für Sie?
Dr. Christina Mauer: Das EXIST-Gründungsstipendium war eine äußerst wertvolle Unterstützung während der Gründungsphase. Es hat uns auf zwei entscheidende Weisen geholfen: Zunächst ermöglichte es uns eine finanzielle Absicherung, die uns eine vollständige Fokussierung auf die Entwicklung unserer Geschäftsidee und die Umsetzung unserer Softwarelösung erlaubte. Dadurch hatten wir die Möglichkeit, intensiv an der Weiterentwicklung unseres Prototyps zu arbeiten und unsere Konzepte zu validieren, ohne uns um zusätzliche Einkommensquellen sorgen zu müssen. Darüber hinaus bot uns das EXIST-Gründungsstipendium Zugang zu einem breiten Netzwerk von erfahrenen Mentoren, Expertinnen und Experten sowie anderen Gründenden. Durch Workshops, Schulungen und Veranstaltungen konnten wir von ihrem Fachwissen und ihren Erfahrungen profitieren. Der Austausch mit dieser vielseitigen Community ermöglichte es uns, unser unternehmerisches Wissen zu erweitern, wertvolle Einblicke zu gewinnen und von den Erfahrungen anderer Gründerinnen und Gründer zu lernen. Das Stipendium war somit nicht nur eine finanzielle Unterstützung, sondern auch eine Plattform, um uns mit der Start-up-Community zu vernetzen und wertvolle Kontakte aufzubauen.

Haben Sie nach dem EXIST-Gründungsstipendium eine Anschlussfinanzierung auf den Weg gebracht?
Dr. Christina Mauer: Nachdem unser Produkt marktreif war, haben wir nach einer Anschlussfinanzierung gesucht, um das Unternehmenswachstum und die Skalierung voranzutreiben. Wir haben erfolgreich Investoren akquiriert – darunter Venture Capital Investoren sowie zwei Business Angels – die zwei Millionen Euro in einwert investiert haben. Die Finanzierung nutzen wir insbesondere, um ein Team und unsere technologische Infrastruktur aufzubauen.

Wie haben Sie Ihren Markteintritt gestaltet und Ihr Angebot beworben? Wie akquirieren Sie Ihre Kunden?
Dr. Christina Mauer: Seit unserem Markteintritt im November 2022 verfolgen wir eine umfassende Strategie, um unseren Marktanteil zu steigern und unser Angebot bekannt zu machen. Wir setzen auf direkte Kundenakquise durch persönliche Gespräche und den gezielten Austausch mit potenziellen Kunden. Dabei nutzen wir unser bestehendes Netzwerk und unsere Kontakte, um Interesse für unser Angebot zu wecken und potenziell Interessierte von den Vorteilen unserer Lösung zu überzeugen. Darüber hinaus sind wir offen für Kooperationen mit Partnerinnen und Partnern aus der Immobilienbranche, um unser Netzwerk zu erweitern und gemeinsam neue Kundinnen und Kunden zu gewinnen.

Mit welchen besonderen Herausforderungen haben Sie im Rahmen Ihrer bisherigen Gründungsvorbereitungen und der Startphase zu tun? Wie sind Sie damit umgegangen?
Dr. Christina Mauer: Der Wettbewerb um talentierte Mitarbeitende, insbesondere in der Technologiebranche, stellt für die meisten Unternehmen in der Anfangsphase eine große Herausforderung dar. Die ersten Teammitglieder sind von entscheidender Bedeutung für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens und prägen sowohl die Unternehmenskultur als auch den öffentlichen Eindruck, den das Unternehmen vermittelt. Von Anfang an war es unser Ziel, ein Team aus herausragenden Mitarbeitenden aufzubauen. Es erforderte Ausdauer und Geduld, aber wir haben dieses Ziel erreicht. Mittlerweile sind wir ein großes, kompetentes, deutschlandweit verteiltes Team und wachsen Monat für Monat weiter.

Was lief überraschend positiv?
Dr. Christina Mauer: Eine positive Überraschung war die Resonanz und das Interesse seitens des Marktes noch vor unserem Markteintritt. Wir hatten erwartet, dass es einige Zeit dauern würde, bis wir Vertrauen aufbauen und von unserem Angebot überzeugen könnten. Wir stellten aber fest, dass bereits in den ersten Wochen nach Markteintritt eine hohe Nachfrage nach unserer Immobilienbewertungslösung bestand. Sowohl kleine als auch große Immobilienunternehmen zeigen großes Interesse an unserer innovativen Technologie und den Vorteilen, die sie bietet. Der Markt für die Kombination aus menschlicher Expertise und intelligenten, digitalen Prozessen war einfach reif. Darüber hinaus wurden wir von der positiven Resonanz in der Branche überrascht. Unsere Lösung wurde von Expertinnen und Experten sowie Gutachtenden positiv bewertet und als vielversprechender Ansatz für die Immobilienbewertung anerkannt. Dies hat uns ermutigt und bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Wie sehen Ihre nächsten Schritte aus?
Dr. Christina Mauer Wir wollen unsere Kundschaft noch besser bedienen und ihre Zufriedenheit weiter steigern. Unser Hauptfokus liegt hierbei auf der kontinuierlichen Optimierung und Erweiterung unserer Softwareplattform, um ein noch besseres Nutzungserlebnis bieten zu können. Wir arbeiten eng mit unseren Kundinnen und Kunden zusammen, um ihr Feedback und ihre Anforderungen zu berücksichtigen und Benutzerfreundlichkeit, Leistung und Funktionalität unserer Software weiter zu verbessern. Parallel dazu werden wir unser Team weiter ausbauen, um unsere Kapazitäten zu erweitern und zukünftige Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen. Dieser Schritt soll es ermöglichen, uns weiter über Deutschland zu verteilen und das erforderliche Know-how in verschiedenen Bereichen zu stärken. Im kommenden Jahr steht die Internationalisierung an.

Start-ups werden nach wie vor vorwiegend von Männern gegründet. Was würden Sie Hochschul-Absolventinnen und Wissenschaftlerinnen sagen, um sie für den Weg in die Selbständigkeit zu motivieren?
Dr. Christina Mauer: Als Gründerin eines Start-ups möchte ich Frauen ermutigen, den Weg in die Selbständigkeit zu gehen. Frauen bringen einzigartige Stärken und Perspektiven mit, die in der Unternehmenswelt von unschätzbarem Wert sind. Man darf sich nicht von Stereotypen abschrecken lassen und muss an sein eigenes Potenzial glauben, Ideen und Innovationen in die Realität umsetzen zu können. Was ich insbesondere bei Frauen feststelle, ist, dass die Angst zu scheitern, sehr groß ist. Das Interessante daran ist, dass statistisch belegt ist, dass Männer bei einer Gründung viel häufiger scheitern als Frauen. Wenn ich mit jungen, potenziellen Gründerinnen spreche, stelle ich daher die Frage, was das Schlimmste ist, was passieren kann. In der Regel lautet die Antwort: „Dass mein Unternehmen scheitert.“ Wenn ich nachfrage, wie die Konsequenzen des Scheiterns aussehen könnten, wird den Gründerinnen bewusst, dass das Schlimmste die Rückkehr in ihren aktuellen Beruf wäre. Was kann man aus dieser Antwort ableiten? Zum einen ist das kein schlechter Ausgangspunkt, einen solchen „Fallback“ in der Tasche zu haben. Zum anderen zeigt es, dass es höchste Zeit ist, zu gründen, wenn der aktuelle Zustand gleichzeitig der schlimmste ist, der aus dem Gründungsszenario hervorgeht.

Stand: Juli 2023