Gründerteam JeNaCell GmbH

v.l.n.r.: Dr. Nadine Heßler, Dr. Dana Kralisch

© D. Bannert, Evonik

Kurzinfo:

JeNaCell GmbH
Gründerinnen: Dr. Nadine Heßler, Dr. Dana Kralisch
EXIST Forschungstransfer 2012 - 2015
Gründung: Juni 2012
Ausgründung der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Gründungsnetzwerk: K1-Der Gründerservice
www.jenacell.com

Interview mit Dr. Nadine Heßler

Die Ausgründung aus der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist Spezialist für die Entwicklung und Herstellung eines neuen Biomaterials, das als Trägermaterial im kosmetischen und medizinischen Bereich eingesetzt werden kann. Unterstützt wurden die beiden Gründerinnen Dr. Nadine Heßler und Dr. Dana Kralisch durch EXIST-Forschungstransfer.

Frau Dr. Heßler, was ist das Besondere an Nanocellulose?

Dr. Heßler: Das Besondere an der Nanocellulose ist, dass es ein natürliches, erneuerbares Biopolymer aus reiner Zellulose ist und biotechnologisch aus einer Zuckerlösung gewonnen wird. Es besitzt aufgrund seines nanostrukturierten Fasernetzwerkes einzigartige Materialeigenschaften. Der sehr hohe Feuchtigkeitsgehalt ist beispielsweise im Kosmetikbereich oder bei der Wundheilung vorteilhaft. Wird es als Trägermaterial für verschiedene Wirkstofflösungen eingesetzt, profitiert man vor allem von der großen inneren Oberfläche. Uns ist es erstmals gelungen, dieses neue Biomaterial in größeren Mengen technisch zu produzieren.

Und das leisten vergleichbare Produkte nicht?

Dr. Heßler: Nein. In der Kosmetik können vergleichbare Produkte wie Masken aus Gelatine oder Collagen der Haut etwa 25 Minuten Feuchtigkeit zuführen. Unser Material kann dagegen bis zu vier Stunden eingesetzt werden. Das ist deshalb von Vorteil, weil sich erst nach ungefähr 45 Minuten die Poren der Haut öffnen.

Wie ist diese Idee entstanden?

Dr. Heßler: Dana Kralisch und ich haben am Institut für Technische Chemie und Umweltchemie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena zu Nanocellulose und ihren Anwendungsbereichen geforscht. Uns ist es gelungen, die Feuchtigkeitsmenge des Materials zu steuern und für dessen Transparenz zu sorgen, falls man zum Beispiel die Wundheilung beobachten möchte. Außerdem können wir das Material in unterschiedlichen Formen und größeren Mengen: als flächiges Material, als sphärische Partikel oder als Fasermaterial herstellen. Das war bisher nicht möglich gewesen.

Wie wurde daraus eine Geschäftsidee?

Dr. Heßler: Wir hatten nach zweijähriger Forschungsarbeit eine Pilotanlage zur Produktion von Nanocellulose aufgebaut und bei der Industrie nachgefragt, ob Interesse an dem von uns entwickeltem Biomaterial besteht. Die Resonanz darauf war durchweg positiv. Dana Kralisch und ich standen dann vor der Frage, ob wir unser Forschungs-Know-how und unsere Anlage verkaufen oder ob wir Produktion und Vermarktung selbst in die Hand nehmen. Nach kurzer Bedenkzeit haben wir gesagt: Wir machen es selbst. Das war 2012, das Gründungsjahr der JeNaCell GmbH.

Die 100. EXIST-Forschungstransfer-Förderung ging im Jahr 2012 an JeNaCell.

Dr. Heßler: Ja, damit hatten wir ausreichend Freiraum, um unseren Businessplan zu entwickeln und uns Gedanken über unseren Markteinstieg zu machen. Zum Glück hatten wir einen sehr guten Coach an unserer Seite sowie für viele der unternehmerischen Fragen Antje Mark an Bord geholt, die die betriebswirtschaftliche Seite unseres Teams abdeckt. Außerdem hatten wir durch unsere Teilnahme am Businessplan-Wettbewerb Science4Life sehr gute Kontakte zu anderen Start-ups aufnehmen können, aus deren Erfahrung heraus wir einige „Fettnäpfchen“ umschiffen konnten.

Für viele Start-ups ist die Kundenakquise ein schwieriges Thema. Wie war das bei Ihnen?

Dr. Heßler: Der Einstieg war nicht einfach. Wir hatten zunächst Kontakt zu Unternehmen aus der Kosmetik- und Medizinbranche aufgenommen und Kongresse besucht, um unser Produkt vorzustellen. Der richtige Durchbruch kam aber erst, nachdem wir auf einem Netzwerktreffen einen erfahrenen Vertriebler kennen lernten, der zuvor für ein sehr großes Medizinprodukte-Unternehmen tätig gewesen war. Mit seiner Hilfe konnten wir unseren Vertrieb professionell aufbauen, so dass wir heute erste Kunden nicht nur in Deutschland, sondern auch in Asien und Lateinamerika sowie Kontakte nach Indien haben.

Haben Sie noch weitere externe Beratung in Anspruch genommen?

Dr. Heßler: Wir haben einen sehr guten Steuerberater für die Finanzbuchhaltung und einen sehr guten Anwalt für die Vertragsgestaltung. Es ist wichtig, hier mit den richtigen Partnern zusammenzuarbeiten, vor allem, wenn man wie wir, durch den High-Tech Gründerfonds und STIFT, Stiftung für Technologie, Innovation und Forschung Thüringen, finanziert wird, die ein umfangreiches und anspruchsvolles monatliches Reporting erwarten.

Apropos High-Tech-Gründerfonds. Wie ging es danach mit der Finanzierung weiter?

Dr. Heßler: Im Jahr darauf haben wir einen Privatinvestor an Bord geholt, mit dem wir unseren Produktionsaufbau und die Zertifizierung der Produktion realisieren konnten. Darüber hinaus sind letztes Jahr auch der bm-t Beteiligungsfonds, die Sparkasse Jena und die Evonik Venture Capital AG als Gesellschafter mit eingestiegen.

War es schwierig, Investoren zu finden?

Dr. Heßler: Als Technologieunternehmen braucht man in der Regel ein hohes Investment, das über private Investoren meist nicht zur Verfügung gestellt werden kann. Hier war der High-Tech Gründerfonds mit seinen Partnering-Konferenzen und dem Family Day sehr hilfreich, da zu beiden Veranstaltungen auch Industrieunternehmen und andere VC-Geber als Investoren eingeladen werden.

Sie sind seit 2012 am Markt. Wie hat sich JeNaCell seither entwickelt?

Dr. Heßler: Gut. Aber wir mussten auch einiges lernen. Zum Beispiel, dass man mehr Zeit braucht als ursprünglich geplant. Im Nachhinein würde ich jedem raten, einen großzügigeren Zeitpuffer einzukalkulieren, als wir ihn uns selbst zugestanden haben. Es gibt eine Reihe von Aufgaben, die einen erheblichen Zeitaufwand mit sich bringen. Dazu gehört zum Beispiel die Zertifizierung unseres Qualitätsmanagementsystems, nachdem wir die gesamte Produktion unserer hochwertigen Produkte ausgerichtet haben. Unterschätzt wird oft auch der Zeitaufwand für die weiterführenden Schritte, die letztlich notwendig sind, um tatsächlich das Endprodukt in Händen halten zu können: Konfektionierung, Labeling, Verpackung usw.

Jetzt sind wir um viele Erfahrungen reicher und zufrieden mit dem aktuellen Stand. Im Kosmetikbereich beliefern wir bereits erste Zwischenhändler und starten ganz aktuell mit Vertriebspartnern im Dermatologiebereich. Mitte des Jahres geht es dann weiter mit der Markeinführung unserer Medizinprodukte – die Registrierung als Medizinproduktehersteller liegt nun endlich vor.

Stand: März 2016