Benjamin Fredrich, Gründer von Katapult

Benjamin Fredrich, Gründer von Katapult

© Katapult

Kurzinfo:

KATAPULT Magazin
Gründer: Benjamin Fredrich
Gründungsjahr: 2015
Hochschule: Universität Greifswald
Gründungsnetzwerk: Gründungsservice - Universität Greifswald
EXIST-Gründungsstipendium März 2015 bis Februar 2016

Das EXIST-geförderte Start-up KATAPULT gründete ein Magazin für Kartografik und Sozialwissenschaft. Das erste in Deutschland. Mit seiner Ausrichtung, ausschließlich mit Karten und Grafiken zu arbeiten und dadurch komplexe Zusammenhänge verständlich darzustellen, ist es in der deutschen Zeitungslandschaft einzigartig.

Benjamin Fredrich, Gründer und Geschäftsführer, erklärt, wie es von der Idee zur Gründung kam und was sie bei KATAPULT anders machen als die Konkurrenz.

Herr Fredrich, Sie haben im März 2015 mit KATAPULT ein populärwissenschaftliches Magazin gegründet, das ausschließlich mit Infografiken und Karten arbeitet, um Sachverhalte darzustellen. Welche Widerstände waren im Gründungsprozess am schwierigsten zu überwinden?
Benjamin Fredrich: Am schwersten war es wohl, das Magazin aus der Unsichtbarkeit in die Sichtbarkeit zu holen und ein Team zu führen, ohne das vorher je gemacht zu haben.

Zu Beginn wurden Sie mit Ihrem Vorhaben für ein Jahr mit dem EXIST-Gründungsstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. Was hat das Stipendium konkret bewirkt?
Benjamin Fredrich: Wir hatten das erste Mal in unserem Leben ein festes, verlässliches Gehalt. Wir hatten ein Jahr lang keine Sorgen, unsere Arbeit zu bezahlen. Das war danach anders. Zwei Leute sind nach der EXIST-Phase abgesprungen, weil wir keine Anschlussförderung hatten. Die 1,5 Jahre nach EXIST waren extrem hart, aber ohne EXIST hätten wir wohl nie die Basis für KATAPULT legen können.

Wie lange dauerte es, Ihre Idee in eine Gründung zu bringen und wie sind Sie dabei vorgegangen?
Benjamin Fredrich: Die Gründung wurde noch in den ersten EXIST-Wochen vorgenommen. Wir haben uns drei Mal beraten lassen, alle Genauigkeiten abgestimmt, den Vertrag geschrieben und zum Notar gebracht. Wir wollten schon in den ersten EXIST-Wochen mit dem Geschäft beginnen und nicht erst ein Jahr damit warten. Wir wollten lieber dreimal scheitern als zu lange über eine Idee nachzudenken.

Der Erfolg gibt Ihnen Recht und hat scheinbar Ihren Gründungsgeist erst richtig geweckt. Nach dem Magazin im Jahr 2015 kam 2020 ein Verlag dazu, mit Katapult MV im Juni 21 eine Regionalzeitung und kürzlich zur Invasion in die Ukraine „Katapult Ukraine“. Was hat Sie zu dem Schritt bewogen und welche Themen werden dort vorwiegend behandelt?
Benjamin Fredrich: Wer einmal weiß, wie eine Gründung abläuft, dem fällt die zweite Gründung sehr viel leichter. Ich brauche dafür keine Beratung mehr. Das ist relativ leicht gemacht. Die Projekte sind alles Herzensprojekte, die dann auch finanziell sehr gut funktioniert haben. Ich mache das immer dann, wenn ich absolut davon überzeugt bin, dass es funktionieren wird, dass es eine besondere Leistung ist, dass es irgendeinen gesellschaftlichen Vorteil bringt.

Das Ukraine-Projekt soll erstmal die ukrainischen Journalist:innen in der Ukraine sichern und uns zweitens verlässliche Quellen aus einem Kriegsgebiet liefern. Wir veröffentlichen tägliche News über den Krieg, aber auch lange Storys über Freiwilligendienst, Panzergefechte, Hochzeiten und Beerdigungen.

Sie begannen damit, Ihre Karten auf Ihrem Facebook-Kanal (250k Follower; Instagram 530K) zu veröffentlichen, bevor Sie sich dazu entschlossen, ein Printmagazin zu etablieren. Wie kam es dazu?
Benjamin Fredrich: Es war laut EXIST einigermaßen verboten, ein Printmagazin zu gründen. Hätten wir das in den Antrag geschrieben, wären wir wohl nicht durchgekommen. Also haben wir geschrieben, dass wir ein Online-Medium sind. Das haben wir dann im EXIST-Jahr auch gemacht, damit aber kein Geld verdient. Als die EXIST-Förderung endete, haben wir gedruckt und damit Geld verdient. Es war anfangs wenig, aber genug, um zu überleben.

Im landesweit sinkenden Printsegment verzeichnen Sie – im Vergleich zum Wettbewerb – kontinuierlich steigende Abonnentenzahlen. Was ist das Erfolgsgeheimnis?
Benjamin Fredrich: Ich würde das auf drei Punkte verdichten: 1.) Qualität. 2.) Extreme Transparenz 3.) Angriffsbereitschaft.

Ihr Ziel besteht darin, sozialwissenschaftliche Erkenntnisse auf kreative Weise einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Woher beziehen Sie die Daten? Recherchieren Sie selbst auch investigativ?
Benjamin Fredrich: Wir bekommen unsere Daten von Wissenschaftler:innen, die mit uns kooperieren, und von öffentlichen Ämtern, Behörden und Datendienstleistern. Wir arbeiten hin und wieder investigativ, aber bisher ist das nicht die Stärke, für die KATAPULT steht. Kann aber noch werden.

Renommierte Zeitungen haben versucht, Ihre Grafiken und die Idee der Präsentation zu plagiieren. Wie gehen Sie damit um?
Benjamin Fredrich: Nie juristisch und immer öffentlich. Wir machen das, was wir können. Wir veröffentlichen alles. Streit gehört in die Öffentlichkeit. Wir haben das dann oft mit einer Aktion verbunden und gleichzeitig Abos gewonnen. Das hat ganz gut funktioniert.

KATAPULT gilt als Erfolgs-Start-up im Bereich Social Entrepreneurship. Wie äußert sich das in der Redaktion und was verstehen Sie unter Sozialunternehmertum?
Benjamin Fredrich: Wir zahlen allen Mitarbeitenden das gleiche Gehalt. Auch ich bekomme, was alle bekommen: 3.400 Euro brutto. Zusätzlich machen wir auch immer kostenlose Angebote für Leute, die kein Geld haben. Im Gegenzug können Leute mit viel Geld ein Soli-Abo abschließen. Wir haben den Eindruck, dass dieses Angebot fast nie ausgenutzt wird. Die Menschen sind eher aufrichtig. Zusätzlich pflanzen wir einen Wald und bauen eine Geflüchtetenunterkunft. Das sind aber eher intrinsische Motivationen. Für die Redaktionen gilt: Wir berichten nicht nur, wir überlegen auch, was wir falsch machen und verändern können. Und das setzen wir dann um.

Welche Tipps würden Sie Gründungswilligen mit auf den Weg geben und welche Herausforderungen würden Sie im Nachhinein anders angehen?
Benjamin Fredrich: Im Nachhinein würde ich noch viel früher eine Soft-Eismaschine kaufen. Als Tipps würde ich raten: Erst machen, dann überlegen. Also die Ideenphase früh beenden und direkt zum Scheitern bereit sein. Wer das Scheitern hinnimmt, weiß irgendwann, wie es klappen kann. Das wichtigste ist, immer experimentell zu bleiben.

Stand: Mai 2022